Die Kastration sollte für jeden Katzenhalter eine Selbstverständlichkeit sein, nur so lässt sich das Katzenleid verhindern. Kätzinnen und Kater werden im Alter von 4-7 Monaten geschlechtsreif. Freilaufende Kätzinnen sollten unbedingt vor der ersten Rolligkeit kastriert werden, damit sich kein unerwünschter Nachwuchs einstellt.
Der Eingriff bei einer Katze
Bei der Kastration der Katze werden beide Eierstöcke entfernt. Nach der Narkosespritze wird der Unterbauch der Kätzin freirasiert und desinfiziert. Der Tierarzt setzt mit dem Skalpell einen kleinen Schnitt unterhalb des Nabels. Die Eierstöcke werden mit einem Uterushaken aus dem Bauch vorgelagert und dann mit resorbierbarem Nahtmaterial (löst sich mit der Zeit auf) abgebunden und abgetrennt. Danach wird die Muskelschicht des Bauches mit resorbierbarem Faden wieder verschlossen. Anschließend wird die Haut vernäht. Den Hautfaden zieht der Tierarzt nach 10 Tagen.
Der Eingriff bei einem Kater
Bei einem Kater ist die Kastration einfacher. Nach der Narkosespritze werden die Haare am Hodensack entfernt. Mit zwei kleinen Schnitten werden die Hodensäcke geöffnet und die Hoden vorgelagert, Samenleiter und Blutgefäß abgebunden und der Hoden abgetrennt. Der kleine Schnitt in den äußeren Hodensack muss nicht vernäht werden, die Wundränder verkleben in wenigen Stunden.
Vorbereitung
Bei den Vorbereitungen auf eine Kastration ist zu beachten, dass die Katze 12 Stunden vor dem Eingriff kein Futter bekommen darf. Wasser ist erlaubt. Nach der Operation schlafen die Tiere in einem warmen, ruhigen Raum ihren Narkoserausch aus. Eine Kätzin sollte nach der OP für einige Stunden in der Obhut des Tierarztes bleiben.
Nach der Operation
Einen Kater kann man direkt nach der Operation mit nach Hause nehmen. Er muss an einem warmen Plätzchen in Ruhe ausschlafen können, idealer weise in der geöffneten Transportbox, die am Boden stehen sollte. Das aus guten Grund, denn Katzen reagieren nach einer Narkose recht unterschiedlich. Die meisten Tiere versuchen, halb benommen und noch unsicher auf den Pfoten, instinktiv die Flucht zu ergreifen. Geschieht dies ebenerdig, können Verletzungen durch Stürze ausgeschlossen werden.
Nach der OP darf der Patient nicht gefüttert werden, es könnte passieren, dass er sich erbrechen muss. Wasser darf gegeben werden. Katzen verkraften die Kastration völlig problemlos, und in der Regel ist der Eingriff schon am nächsten Tag Schnee von gestern.
Was spricht für die Kastration einer Kätzin?
Ein Beitrag von Michael Grimm
1. Krebsgefahr
Der Sexualzyklus der Katze ist wie bei allen Säugetieren hormongesteuert, d.h. ein kompliziertes Wechselspiel zwischen verschiedenartigen Hormonen lässt eine Katze rollig werden, steuert nach einer Aufnahme die Schwangerschaft und leitet schlussendlich die Geburt ein. Danach sind hormonelle Vorgänge für die Milchproduktion verantwortlich, auch das Versiegen der Milch ist hormongesteuert [4].
Die hierbei wichtigsten Hormone sind Estradiol und Progesteron. Man weiß schon seit vielen Jahren, dass diese für uns so lebenswichtigen Hormone leider auch beim Wachstum von Tumoren involviert sind. Sie stehen sogar in Verdacht, direkt Krebs auszulösen, beim Zervikalkarzinom (Gebärmutterhals) des Menschen ist dies bereits bewiesen. Die Krebsentstehung geschieht vornehmlich in dem Körpergewebe, in dem die für diese Hormone vorgesehenen Rezeptoren [5] sitzen, also in den Sexualorganen, und vor allem, dort wo sie gebildet werden, also in den Eierstöcken.
Bei jeder Rolligkeit schüttet eine Katze eine große Menge dieser Hormone aus, womit sich das Risiko für sexualhormon-induzierte Krebsformen erhöht. Beim Mammakarzinom (Brustkrebs) bspw. ist das Risiko für eine unkastrierte Kätzin im Vergleich zu einer kastrierten um den Faktor 7 erhöht [6,7]. Ein Mammakarzinom ist äußerst bösartig, weshalb die Prognose für eine erkrankte Katze sehr schlecht ist [8]. Eine Kastration verringert übrigens unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Durchführung das Risiko für Karzinome deutlich [9,10]. Zum Glück sind Mammakarzinome bei der Katze nicht so häufig wie beim Hund. Weitere von Krebs betroffene Organe sind Eierstöcke und Gebärmutter.
Die Verringerung dieser Karzinomgefahr ist ein wichtiges Argument für die Kastration einer Katze [11].
2. Gefahr für die Gebärmutter
Ein weiteres Argument für eine Kastration ist eine mitunter tödlich verlaufende Komplikation unkastrierter Katzen, die man unter dem Sammelbegriff des Pyometra-Endometritis-Komplexes zusammenfaßt. Hierbei handelt es sich um entzündliche Prozesse der Gebärmutter (Pyometra), der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) und/oder Gewebeveränderungen (Hyperplasie). Es gibt im wesentlichen zwei Ursachen für solche Pyometren, Endometritiden und Endometriumhyperplasien, und zwar Infektionen der Gebärmutter oder aber Störungen im hormonellen Gleichgewicht des Zyklusgeschehens.
Ich zitiere einmal wörtlich aus [1] (die Fußnoten stammen von mir):
Dabei wirken fortgeschrittenes Alter (meist ab 5-6 Jahren), Nichtbenutzung der Reproduktionskapazität (vorwiegend nullipare [12] Tiere) und Hormonbehandlungen (Östrogene, Gestagene) prädisponierend [13]. Also auch hier spielen Hormone eine Rolle, dabei ist es egal, ob sie zugeführt werden (Hormonbehandlung), oder ob sie im Verlauf des Sexualzyklus‘ produziert werden.
Wer seine Katze über Jahre rollen lässt, ohne dass es zu einer Schwangerschaft kommt, der bedenke bitte den Punkt „Nichtbenutzung der Reproduktionskapazität“.
Eine Gebärmutterentzündung ist immer eine gefährliche Erkrankung, die schnellstens behandelt werden muss, in der Regel durch eine chirurgische Entfernung (Hysterektomie). Leider erkennt ein Laie eine solche Entzündung meist erst in einem Stadium, wo nur noch eine Operation möglich ist.
Warum ist eine solche Entzündung so lebensgefährlich? Weil die Gebärmutter sich mit Eiter füllt, die Gebärmutterschleimhäute und Gebärmutterwände sich „auflösen“ und brüchig werden. Im Endstadium „platzt“ die Gebärmutter und der Eiter ergießt sich in die Bauchhöhle, die sich daran anschließende Entzündung im Bauchraum endet in der Regel tödlich.
Selbst die Operation ist gefährlich, da das Gewebe so brüchig sein kann, dass der Chirurg sie mit Samthandschuhen anfassen muss, damit sie ihm beim Herausholen nicht unter den Händen platzt.
3. Gefahr der Dauerrolligkeit
Der Sexualzyklus einer Katze unterscheidet sich fundamental von dem einer Frau. Zur Erklärung der Dauerrolligkeit muss ich auf diese Unterschiede näher eingehen.
Der Sexualzyklus beginnt mit einer durchschnittlich sieben Tage andauernden Follikelphase [14]. In diesem Zeitraum reifen an jedem der beiden Eierstöcke (Ovarien) drei bis sieben Follikel heran, also Vorstufen der zu befruchtenden Eier.
Bei der Frau wird das Ei (selten die Eier) mittels Eisprung (Ovulation) in die Gebärmutter verbracht, wo es auf seine Bestimmung einen Zyklus lang wartet. Im Falle einer verpassten Befruchtung kommt es am Ende eines Sexualzyklus zur Ablösung aus der Gebärmutterschleimhaut, was in einem blutigen Vorgang (Menstruation) endet.
Bei der Kätzin hingegen kommt es erst 25 bis 32 Stunden nach der Paarung zum Eisprung, ausgelöst durch einen Vaginalreiz über die sogenannten Penisstacheln des Katers. Die ausgereiften Eier wandern in die Gebärmutter, wo sie von den immer noch fertilen Spermien befruchtet werden. Es werden also keine Eier in der Gebärmutter „vorgehalten“ [15].
Kommt es im Verlauf der Rolligkeit zu keinem Deckakt, gibt es auch keinen Eisprung. Man spricht dann von einem sogenannten anovulatorischen Zyklus. Im Normalfall bilden sich nun die zuvor ausgebildeten Follikel zurück (Follikelatresie), und es folgt durch die hierbei ausgelöste hormonelle Zyklusumstellung eine mehr oder minder lange Ruhephase. Danach beginnt eine erneute Rolligkeit, und diese Aneinanderreihung von Rolligkeits- und Ruhephasen wird nur durch eine Schwangerschaft oder das saisonale Erliegen der Rolligkeit im Winter unterbrochen.
Je häufiger solche Zyklen ohne abschließende Schwangerschaft durchlaufen werden, desto größer wird die Gefahr, daß es zu einer gefährlichen Anomalie im Anschluss an eine Follikelphase kommt: Statt der normalen Rückbildung der Follikel entarten diese zu Zysten. Aufgrund der damit gleichzeitig ausbleibenden hormonellen „Beruhigung“ des Zyklus wird die Katze dauerrollig. Die Katze ist unruhig und magert wegen Fressunlust [16] stark ab. Durch das starke Anschwellen der Schleimhäute im Uro-Genitaltrakt kann es zu erschwertem Harnabsatz kommen, die Zysten auf den Eierstöcken sind je nach Zeitdauer der Dauerrolligkeit mehr oder minder groß.
Die Dauerrolligkeit (Nymphomanie) ist eine ernsthafte und bedrohliche Erkrankung für die Katze und bedarf unbedingt einer tierärztlichen Betreuung. Man kann versuchen, den aus dem Ruder gelaufenen Sexualzyklus durch Hormongabe zu „bändigen“. In der Regel wird der TA aber eine Kastration inklusive Gebärmutterentfernung (Ovariohysterektomie) vornehmen.
4. Persönliche Anmerkung
Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die oben aufgeführten möglichen Komplikationen auf jeden Fall eintreten werden, wenn man eine Kätzin nicht kastriert. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass man sie einem erhöhten Risiko aussetzt, ernsthaft zu erkranken. Deshalb ließe ich persönlich meine Katzen immer kastrieren.
5. Literatur
[1] V. Schmidt/M. Horzinek, „Krankheiten der Katze, Band 1+2“, Enke Verlag, Stuttgart 1997
[2] W. Kraft/U. M. Dürr, „Katzen-Krankheiten“, Schaper Verlag, Hannover 2003
[3] Kessler, „Kleintieronkologie“, Parey Verlag, Berlin 2000
[4] Es gibt noch wesentlich mehr hormonell gesteuerte Vorgänge, aber ich beschränke mich auf’s Thema: Kastration.
[5] Ein Rezeptor ist ein Protein (Eiweißmolekül), das eine für ein bestimmtes Hormon spezifische Bindestelle hat und darüber einen vom Hormon „vorgesehenen“ Effekt auslöst.
[6] Dorn et al., J. Natl. Cancer Inst. 1968, 40, 295-305
[7] Dorn et al., J. Natl. Cancer Inst. 1968, 40, 307-318
[8] Ungefähr 80 bis 90 Prozent aller Mammatumoren neigen zum raschen Wachstum und zur Metastasierung in die regionalen Lymphknoten und Lunge.
[9] Hayes et al., Vet. Clin. North Am. [Sm. Anim. Pract.] 1985, 15, 513-519
[10] Misdorp et al., Tijdschr. Diergeneeskd 1992, 117, 2-4
[11] Sinngemäß trifft dies auch auf den Kater zu.
[12] Nullipar ist der medizinische Ausdruck für solche Frauen, die niemals entbunden haben, hier natürlich Kätzin.
[13] Einem erhöhten Risiko ausgesetzt
[14] Das ist die vom Besitzer beobachtete Phase, in der die Katze sich abrollt (Rolligkeit), ausgeprägte Laute (Raunze) verlauten lässt und zu häufigerem Urinieren und Harnmarkieren neigt.
[15] Deshalb muss auch kein Ei aus der Gebärmutterschleimhaut abgestoßen werden, während die Katze rollig ist. Ergo, hat die Katze auch keine Menstruation.
[16] Diese Fressunlust kann auch bei einer normalen Rolligkeit beobachtet werden.
Text Copyright © 2002-2005 by Michael Grimm