Stress bei Katzen kommt ebenso häufig vor wie bei Menschen. Darum gilt es genau zu beobachten, um bei den ersten Anzeichen gleich richtig reagieren zu können. Helfend eingreifen kann man nur dann, wenn man sein Tier sehr gut kennt und Abweichungen vom normalen Verhalten erkennt.
Nur wer sich mit seiner Katze beschäftigt, eine liebevolle Bindung zu ihr aufbaut und bereit ist, der Ursache auf den Grund zu gehen, begreift den Stressfaktor, der nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist. Stress abbauen kann man nur, wenn man sich bemüht, die Wurzel des Übels zu beseitigen und Hilfestellungen anbietet. Dabei muss der Halter genug „Fingerspitzengefühl“ entwickeln, um seine Hilfe nicht so aufdringlich zu gestalten, dass sie ins Gegenteil umschlägt und den Leidensdruck vertieft.
Wenn Frauchen also anwesend ist und der Katze leise zuredet, hilft das mehr, als die Katze auf den Arm zu nehmen und sie so zur Quelle ihrer Angst zu zwingen, um ihr die Harmlosigkeit einer Maschine, eines Menschen oder eines anderen Tieres zu beweisen.
Was löst Stress bei Katzen aus?
Es gibt Situationen, die von vornherein stressverdächtig klingen. Katzen lieben ein geregeltes Leben und sind Neuerungen eher abhold. Ganz deutlich wird das beim Umzug in eine neue Wohnung, bei neuen Einrichtungsgegenständen, wenn der gewohnte Tagesrhythmus nicht mehr eingehalten wird oder eine weitere Katze ins Haus geholt wird. Der Verlust eines menschlichen oder tierischen Freundes kann auch beim Tier nicht nur Trauer, sondern auch Stresssymptome hervorrufen, ebenso die Begrenzung des Raumes und damit oft verbunden, die Unmöglichkeit ererbte Verhaltensweisen auszuleben.
Viele Ursachen sind nicht so offensichtlich zu erkennen. Der Entzug von Zuwendung aus Zeitmangel, aus Krankheitsgründen oder auch weil der Katzenhalter nicht in der Lage ist, eine dauerhaft positive Beziehung zu seinem Tier aufzubauen, verursachen Stress. Auch die Ablehnung des Tieres durch Frauchens/Herrchens neue Liebe kann Katastrophen heraufbeschwören, wenn der Mensch der einzige Partner des Tieres ist. Suchtprobleme des Besitzers, Aggressionen innerhalb der Familie, eine nervöse, hektische Bezugsperson, ein Umfeld mit andauernder Unruhe — alles das kann sich im Verhalten einer Katze widerspiegeln.
Gerüche und Geräusche können für Katzen unerträglich werden: das kreischende Kleinkind, die laute Musik oder Maschinenlärm beleidigen ihre feinen Ohren. Die empfindliche Nase erträgt den Nikotingeruch, den Alkohol- und Kochdunst oder die Düfte ätherischer Öle oder Parfums nicht mehr! Selbst die Reviermarkierungen der Artgenossen können bei ängstlichen Einzelkatzen Stress auslösen, der eindeutige Verhaltensänderungen nach sich zieht.
Die Überbelegung ihres Lebensraumes durch Menschen, andere Tiere oder Artgenossen ist für eine Katze schwer zu verkraften. Aber auch Einsamkeit, schlechte Versorgung und tödliche Langeweile empfindet sie als Zumutung. Auch das Eindringen eines fremden Menschen in ihre „sichere Burg“ wird von vielen Katzen mit Stresssymptomen beantwortet.
Die Reaktionen der Katze auf Stress
Stress zeigt sich bei der „Individualistin Katze“ auf verschiedene Weisen, aber die Erfahrung zeigt, dass alle Katzen als erstes das Schnurren einschränken – ein Indiz für vermehrte Anspannung. Auch ihre Spielbereitschaft sinkt. Selbst junge Katzen spielen weniger und sind weniger ins Spiel vertieft. Die netten kleinen Marotten, die die Katze früher zeigte, verschwinden plötzlich und ihre Talente schlafen ein. Die Katze zeigt vermehrtes Abwehrverhalten, faucht öfter, schlägt schneller mit der Tatze, wirkt einfach genervt!
Wenn das Abwehrverhalten bei direkten Kontakten mit Mensch/Katze oder Raum/Katze zunimmt, lässt das den Schluss zu, dass die Katze sich bedroht fühlt. Das Gefühl der Katze ist aber in der Praxis nicht immer nachvollziehbar. So zeigen „Frauenkatzen“ oft verstärktes Abwehrverhalten, wenn sie mit Männern zusammentreffen, obwohl diese anwesenden Männer der Katze nie etwas getan haben. Viele flüchten auch ohne schmerzhafte Erfahrung vor Menschen, die am Stock gehen. Vermutlich löst da das Nicht-Einordnen-Können eines „dreibeinigen“ Menschen Ängste aus. Verbindet sie Überforderung und Angst mit Räumen, so wird sie sich beharrlich weigern, diese zu betreten.
Bei ursprünglich neugierigen, aufgeschlossenen, kontaktfreudigen Katzen zeigt beginnende oder ausgeprägte Inaktivität und vermehrter Rückzug aus der menschlichen Gesellschaft, Stress an. Aber auch der Verlust der „Inneren Ruhe“ kann ein Stresssymptom sein. Beständig pilgert das Tier durch alle Räume, schreckt schnell auf, wirkt fahrig oder miaut enervierend auch ohne ersichtlichen Grund. Das Unvermögen, sich selbst zu beschäftigen und das Umschlagen des Spiels mit dem Mensch in eine gezielte Aggression kann man vor allem bei temperamentvollen, frustrierten Tieren beobachten, deren Leben allzu sehr eingezwängt wird.
Das stärkste Stresssymptom aller Katzen ist das vorübergehende „vergessen“ aller erworbenen Verhaltensweisen. Die Katze zeigt nur noch ihr ererbtes Verhalten. Ein Umstand, der erklärt, warum auch ansonsten zahme Katzen wie verwilderte Artgenossen reagieren. Das macht es so schwer, den Zahmheitsgrad einer fremden Katze zu beurteilen.
Steigert sich der Stress zur Panik, kann man bei einigen Tieren folgendes beobachten: Zittern, Speicheln, unkontrollierter Absatz von Urin und Kot, leises Jammern bis gellendes Kreischen, Hecheln, schweißnasse Pfoten.
Krankheiten als Ursache für Stress
Da auch Krankheit, Schmerz und Parasitenbefall das Seelenleben der Katze belasten, ist auch immer daran zu denken, dass ein gesundheitlicher Grund für die Verhaltensänderungen vorliegen könnte, so dass ein Tierarztbesuch in Erwägung gezogen werden sollte.
Bei den folgenden Anzeichen müssen Sie auf alle Fälle den Tierarzt zu Rate ziehen, da es sich auch um nicht stressbedingte Krankheitsbilder handeln kann:
Appetitlosigkeit bis hin zur Futterverweigerung zeigen viele Katzen, die alles verloren haben, was ihr Katzenleben bisher ausmachte. Die meisten fangen am 3.- 5. Tag wieder mit Fressen an. Aber es gibt manchmal auch völlig depressive Tiere, die sich aufgeben und weiter hungern. Erbrechen und Durchfall können ebenfalls stressbedingt sein. Vor allem Tiere mit einer Magen-Darm-Empfindlichkeit reagieren so auf seelische Belastungen. Übersteigertes Putzverhalten kann ein Stresssymptom sein – die Katze leckt, knabbert, kratzt bis sie kahle Stellen im Fell hat. Der Verlust der Stubenreinheit ist ebenfalls eine dramatische Entwicklung. Weil die Katze nicht mehr in der Lage ist, sich zu entspannen und in Ruhe zur Toilette zu gehen, „platzt“ sie in der nächsten Ecke. Schließlich geht sie gar nicht mehr aufs Klo, sondern uriniert oder kotet ins Haus. Vor allem diese Verhaltensstörung provoziert die Ablehnung der meisten Katzenbesitzer – was den Stress für die Katze noch zusätzlich steigert!