Meine Katze lässt sich nicht streicheln… liest man sehr oft in Foren. Der Verhaltensforscher Michael W. Fox ist der Meinung: „Für viele Katzen ist Streicheln das reine Rauschgift“. Je mehr eine Katze um unsere Beine streicht, je mehr sie Köpfchen gibt, um so süchtiger ist sie nach Streicheleinheiten. Doch so mancher Katzenfreund kennt auch den umgekehrten Fall und stellt sich immer wieder die Frage, warum das auf seine Katze nicht zutrifft.
Welche Gründe gibt es dafür?
Eine Katze hat auf ihrem Bauch pro Quadratmillimeter etwa 200 Haare, auf dem Rücken die Hälfte. Jedes Haar sitzt in einer Vertiefung und ist von sensorischen Nervenzellen umgeben. Die feinen Unterwollenhaare sitzen zu mehreren in einem Follikel, so nennt man die Haarschatullen der Haut. Zwischen den Haaren befinden sich auf der blanken Haut weitere Tastkörperchen, kleine Hügel, etwa 7-25 pro Quadratzentimeter. Ein Dutzend verschiedener Nervenarten lassen die Katze Tastreize wie Berühren, Anfassen, Stupsen, Streicheln, Kämmen oder Bürsten unterscheiden. Ein einfaches Streicheln muss also bei einer Katze eine Fülle und Folge von Empfindungen auslösen.
Wenn Streicheln Aggressionen auslöst
Berührt man den Bauch einer Katze, löst man oft eine heftige Reaktion aus. Sobald sich die Katze auf den Rücken rollt, ist sie besonders verletzlich. Fühlt sie sich in dieser Position bedroht, schlägt sie blitzschnell zu, besonders wenn es sich um eine Person handelt, mit der sie nicht vertraut ist. Ihre Körpersprache wechselt schlagartig von entspannt und unterwürfig zu offener Aggression. Ein Artgenosse würde dies als Abwehrverhalten verstehen. Dieser Stimmungsumschlag entspricht genau dem Verhalten, das Katzen ihren Artgenossen gegenüber an den Tag legen. Wenn man beginnt, eine Katze zu streicheln, nimmt sie eine unterwürfige Position ein, zieht den Kopf tief zwischen die Schultern und legt die Ohren an. Würde die Katze jetzt von einem Angreifer bedroht und müsste einen Angriff befürchten, würde sie das unterwürfige Verhalten scheinbar beibehalten und sich auf den Rücken rollen. Doch in dieser Position würde sie versuchen zuzuschlagen, um den Angreifer zu überraschen und sich dadurch eine Fluchtmöglichkeit zu verschaffen.
Streicheln will gelernt sein
Beim Streicheln wird eine Katze natürlich nicht bedroht. Doch ihr Instinkt sagt ihr, dass dies bald der Fall sein könnte, vor allem wenn die Hand in der Nähe ihres Kopfes erscheint. Die Katze ist verwirrt und reagiert instinktiv mit aggressivem Verhalten.
Es wäre sinnlos, mit der Katze zu schimpfen. Es handelt sich hier um ein Verhaltensproblem, das nicht leicht anzugehen ist. Die beste Lösung besteht darin, die Katze nicht mehr am Bauch zu berühren oder die Hand wegzuziehen, bevor das Tier aggressiv wird. Verständnisvolle Katzenhalter machen sich dieses spezielle Problem bewusst und verzichten darauf, den Bauch der Katze zu berühren. Im Laufe der Zeit wird die Katze vielleicht immer entspannter und erlaubt es, sie auch am Bauch anzufassen, ohne aggressiv zu werden.
Auch Streicheln will gelernt sein, und die Dosis bestimmt die Katze, mit wenigen Ausnahmen. Wir Menschen sagen auch bei vielen Gelegenheiten „wenn mir etwas gegen den Strich geht, stehen meine Haare zu Berge“. Warum gesteht man dieses Empfinden nicht auch einer Katze zu und akzeptiert es einfach?
Düfte und Gerüche
Ein weiterer möglicher Grund für die abweisende Haltung gegenüber Streicheleinheiten können Gerüche sein. Oft macht sich der Katzenhalter nicht bewusst, dass die empfindliche Katzennase extrem auf eine neue Handcreme, eine stark riechende Körperlotion oder ein neues Parfum reagiert.
Düfte und Gerüche können bei allen Lebewesen die unterschiedlichsten Reaktionen auslösen. Hundehalter wundern sich oft über das aggressive Verhalten ihres Tieres während einer Autofahrt, dafür verantwortlich ist nicht selten ein sogenanntes „Duftbäumchen“, das am Innenspiegel baumelt.