Die lange Tradition der Katzenopferung wurde 1938 wieder aufgenommen, allerdings mit Plüschkatzen. Mit zunehmendem religiösen Fanatismus ist die Katze etwa um 1200 verteufelt worden.
Die Dämonisierung der Katze
Das eigenwillige und geheimnisvolle Tier, das nicht bereit war, sich zu unterwerfen, erweckte bei denen, die sich selbst einem Glauben oder Aberglauben unterworfen hatten, Angst, Misstrauen und Abscheu. Aus welchem Aberglauben auch immer fand fast 1000 Jahre lang im flämischen Ypern alle 2 Jahre am 10. Mai das „Katzenwerfen“ statt. Lebende Katzenopfer wurden vom Turm auf das Pflaster geworfen. 1817 wurden das letzte Mal lebende Katzen in Ypern in den Tod gestürzt.
Katzenopferung – Entstehung des Aberglaubens
Vor rund 800 Jahren gab es zwei klar definierte Meinungen:
1.) Die Katze hat die Fähigkeit, alles Unheil auf sich zu ziehen, also ist sie das klassische Opfertier.
2.) Die Katze ist die Personifizierung des Bösen, also muss man sie vernichten.
Als die Menschen „zivilisierter“ wurden, mauerten sie beim Bau von Häusern, Mauern und Dämmen nicht mehr Kinder, sondern Katzen ein, um den Bau dauerhaft zu machen.
Ob der Ersatz von Menschenopfern durch Tieropfer fortschrittlicher war, erschließt sich mir persönlich nicht.
Die Johannisfeuer am 24. Juni waren ein alter Abwehrzauber, den man durch das Verbrennen einer lebenden Katze noch verstärkte. Die magische Handlung wurde zum Volksfest und die Katzenverbrennungen wurden immer perfider. Die Katze brennt gut. Sie heult, zuckt, lässt die Flammen auflodern, äfft einen Kugelblitz nach und bricht zusammen. Ihre Nacht vollendet sich auf einem Aschebett (Zitat von Jean-Louis Hue).
Leid und Qualen durch die Katzenopferung
Die Hauskatzen hießen in einem Handwerkerbuch von 1268 „Feuerkatzen“, also schon namentlich waren sie dazu bestimmt, im Feuer zu enden. Eine Quittung aus dem Jahre 1573 lieferte den Beweis, dass es bezahlte Lieferanten für die Johannisfeuerkatzen gab. Es gibt also durchaus Parallelen zum heutigen „Katzenklau“, den man gerne vertuschen oder tot schweigen will.
Die Gier nach fremder Qual und die Lust am blutrünstigen Schauspiel, die schon die Hexenverbrennungen zu Volksfesten machten, hat sich nicht überholt. Vom Starren auf Scheiterhaufen, über Wallfahrten zu Unglücksfällen bis zu den Horror-Videos im Familienkreis führt der gerade Weg menschlicher Grausamkeit.
Die Jahresbräuche waren mit Katzenopfern gesäumt: Am Fastnachtsmontag verbrannte man Katzen, am Aschermittwoch erschlug man sie. Zur ersten Aussaat vergrub man einen lebendigen schwarzen Kater, beim Abschluss der Ernte tötete man eine Katze – aus Erleichterung darüber, dass die Bullkater die Ernte nicht vernichtet hatten. Bullkater nannte man in Norddeutschland schwarze Gewitterwolken.
Wenn die Verfolger ein geeignetes Opfer gefunden hatten, trachteten sie danach, es so konsequent und so gründlich wie möglich, zu vernichten. Und so wurde die Katze zum „Teufelstier“ erklärt.
Der erste, der dies offiziell belegte, war der französische Scholalstiker, Dichter und Zisterziensermönch Alanus ab Insulis (1120-1202), der als Heiliger galt. Um 1190 schrieb er in einer Streitschrift gegen die Sekte der Katharer (= die Reinen): „Sie heißen Katharer nach dem Kater, weil sie den Hintern eines Katers küssen. Dann in Katergestalt erscheint ihnen der Teufel, wie sie selber sagen!“
Das war eine unfromme Lüge, denn die Katharer lebten in einer strengen urchristlichen Gedankenwelt und kannten den Teufel als Person nicht. Sein körperliches Vorhandensein auf der Erde war eine Erfindung der Theologen der Amtskirchen und führte im Mittelalter zu den Hexenverfolgungen. Und das „Hexentier“ war die arme Katze.
Aus einer Predigt des bekanntesten Predigers des Mittelalters, Berthold von Regensburg (1210-1272) um 1240: „Der Atem, der aus ihrem Halse geht, ist die Pest; und wenn sie Wasser trinkt und es fällt eine Träne aus ihren Augen, so ist die Quelle verdorben: Jeder der fortan aus ihr trinkt, erfährt den gewissen Tod.“ Berthold von Regensburg war Franziskaner und wirkte als Bußprediger, aber auch als Prediger gegen Ketzer.
Und 350 Jahre später (also 1590) weiß Aegidius Albertinus in seinem „Lucifers Königreich“ es auch nicht besser: „Also seind und bleiben die Katzen Katzen und die Ketzer Ketzer, denn sie seind einerlei Art.“
Weitere Bezeichnungen für Ketzer waren Katzenküsser, Katzenbeter und Katzengläubige: „Bist doch und bleibst ein hexin alt, voll katzenglauben mit gewalt“.
Die Hexe als verruchte und bösartige Frau ist eine deutsche Spezialität. Als Verfasser des „Hexenhammers“, der für ganz Europa gültigen Prozess- und Verhörordnung, zeichnen deutsche Dominikaner. Nirgendwo in der Welt wurden so viele Hexen verbrannt wie im deutschen Sprachraum.
Das unergründliche Wesen der Katze wurde oft mit der Frau verglichen und hat sich als negative Eigenschaft auf das Hexenbild übertragen. Die Hexe konnte sich in Katzengestalt verwandeln und unerkannt ihren Schadenszauber ausüben.
In der Zeit von 1550 bis 1750 wurden hunderttausende Frauen lebend verbrannt und mit ihnen noch viel mehr Katzen. Schwarze Katzen haben vielen Frauen den Tod gebracht, und viele Frauen haben wiederum schwarzen Katzen den Tod gebracht.
In den Vorstellungen der Menschen konnten schwarze Katzen durch die Wände gehen, durch Kamine steigen und am Sabbat bekamen sie mit Eisen beschlagene Füße.
Es gelang den Verfolgern, die Katzen fast auszurotten. Ungehindert drangen Ratten ein und mit ihnen die Pest. Zunächst glaubte man, die Pest sei dadurch am wirkungsvollsten zu bekämpfen, indem man die Katzen den Ratten opferte. So band man die armen Katzen in Rattenhäusern fest, damit sie von den Ratten gefressen wurden. Doch die stärksten Katzen befreiten sich, fraßen die Ratten und vertrieben sie.
König Ludwig XI. ist es zu verdanken, dass die Katzenverfolgung im 18. Jahrhundert beendet wurde.
Noch heute sind die Katzen Opfer. Wenn sie nicht im Straßenverkehr zu Tode kommen oder von Jägern abgeknallt werden, sind in den meisten Fällen die Tierhalter für das immense Katzenleid verantwortlich.
Die täglichen Meldungen über Animal Hoarding, Tierquälereien und Tiertötungen sprechen eine eigene Sprache.
(Quelle auszugsweise: Knaurs Großes Katzenbuch. Die wunderbare Welt der Seidenpfoten. 1990)